Trainerin aus Leidenschaft
Powerfrau Engelberta (88) sorgt beim FTSV Straubing für Bewegung
von Dominic Casdorf/Straubinger Tagblatt
Als Übungsleiterin und guter Geist des Vereins ist Engelberta Stelzer (88) beim FTSV Straubing nicht wegzudenken - selbst Ministerpräsident Söder hat schon gratuliert.
Einmal pro Woche bittet Bertl Stelzer beim FTSV Straubing zum Training. "Ich bleibe in Bewegung, bis es nimmer geht."
"Sport ist einfach mein Leben", sagt "Bertl" Stelzer. Auch im hohen Alter gibt sie als Übungsleiterin Wissen, Erfahrung und Leidenschaft in ihrer Gymnastikgruppe weiter. Die 88-Jährige ist eine Institution beim FTSV Straubing. Als aktive Kunstturnerin und später als Trainerin hat sie den Verein, dem sie seit sieben Jahrzehnten die Treue hält, mitgeprägt.
Ihre Liebe zum Kunstturnen entdeckte die gebürtige Straubingerin schon als Kind. "Ich bin in der Turnhalle aufgewachsen", erinnert sie sich. Erst beim TSV Straubing, ab 1954 dann beim FTSV. Als Athletin nahm sie an zahllosen Wettkämpfen und Sportfesten teil, wurde in den späten 50er-Jahren sogar Niederbayerische Meisterin. "Mein schönster Titel", sagt sie. Über den Turnsport lernte sie später ihren inzwischen verstorbenen Ehemann Fritz kennen. Auch ihre gemeinsame Tochter Gabriele, heute 59, entdeckte die Welt von Stufenbarren, Sprung und Schwebebalken für sich. "Das hat sie von ihren Eltern mitgekriegt", sagt die Mama.
"Man sollte immer sporteln - auch im hohen Alter"
Ihre zweite Karriere als Übungsleiterin schloss sich nahtlos an - und währt bis heute. Und wer Bertl Stelzer bei der Seniorengymnastik in der Sporthalle der Josefsschule erlebt, der mag kaum glauben, dass sie bereits 88 Jahre alt ist. Sie ist Vorturnerin, Motivatorin und DJane in Personalunion. Zu deutschem Schlager aus der Musikanalage werden Kraft-, Dehnungs- und Koordinationsübungen durchgeführt. Im Stehen oder im Sitzen. Das einzige Sportgerät ist ein Stuhl.
Bertl Stelzer, die eigentlich Engelberta heißt, macht jede Übung vor. Gleichzeitig hat sie ein Auge auf ihre Schützlinge. Sie lobt, gibt Tipps und Hilfestellung für die korrekte Ausführung. Ihr Credo: "Man sollte immer sporteln, auch im hohen Alter." Die älteste Teilnehmerin, so erzählt sie, sei 92 Jahre alt.
Einmal pro Woche trifft sich die Gruppe, die aus etwa 35 Senioren besteht. Und dabei geht es nicht nur um sportliche Ertüchtigung und Freude an Bewegung, sondern auch um das Miteinander. "Sie freuen sich so, wenn sie herkommen", weiß die Übungsleiterin. Die Frauen sind deutlich in der Überzahl, vor Kurzem sei aber auch ein Mann hinzugekommen, berichtet sie. Die Seniorengymnastik beim FTSV leitet sie bereits seit über 40 Jahren, überdies gibt sie noch Kurse im Nordic Walking.
Größter Erfolg als Aktive: 1959 wurde Bertl Stelzer Niederbayerische Meisterin.
Gut 35 Personen umfasst die Senioren-Gymnastikgruppe. Die älteste Teilnehmerin ist 92 Jahre alt.
Als junge Athletin war Engelberta (r.) in der FTSV-Kunstturnriege. Das Foto wurde 1957 aufgenommen.
Einmal pro Woche trainiert die 88-Jährige ihre Gymnastikgruppe in der Sporthalle der Josefsschule.
Erinnerungen, Urkunden und Zeitungsberichte über die Karriere hat Bertl Stelzer archiviert.
Als Aktive hat Engelberta Stelzer an zahlreichen Wettbewerben und Turnfesten teilgenommen.
Roswitha Jäntsch (72) unterstützt Bertl Stelzer in der Trainingsarbeit.
In der Gymnastikgruppe werden Kraft-, Koordinations- und Dehnungsübungen durchgeführt.
Gemeinsam sind sie ein verschworener Haufen, kommen auch abseits der Turnhalle zusammen. Auf dem Gäubodenvolksfest etwa, bei der clubinternen Weihnachtsfeier, beim österlichen Schlemmer-Frühstück oder dem Sommerfest. Dann ist Bertl Stelzer stets als Organisatorin gefragt. Ohne sie läuft nichts. "Sie deckt mit ihren ehrenamtlichen Stunden im Seniorenbereich eine wichtigen Teil für die Stadt Straubing ab", lobt FTSV-Geschäftsführerin Inge Hamersky.
In all den Jahren war Bertl Stelzer neben der Trainertätigkeit für ihren FTSV in einigen Funktionen tätig: Turnwartin, Kampfrichterin oder Fachwartin für Geräteturnen im Gau Donau Wald. Jahrzehntelanges Engagement, das nicht nur von ihrem Stammverein und den Fachverbänden, wie dem Deutschen Turner-Bund (DTB), dem Bayerischen Turnverband (BTV) oder dem Bayerischen Landes-Sportverband (BLSV), sondern auch von höchster Stelle gewürdigt wurde. 2018 erhielt sie von Markus Söder das Ehrenzeichen des Ministerpräsidenten für Verdienste von im Ehrenamt tätigen Frauen und Männern.
Eigentlich möchte Bertl Stelzer ja heuer ihre Trainerkarriere beenden. Die Knie machen ihr hin und wieder zu schaffen, auch in der Schulter zwickt's mal. "Der Verein wird verstehen, dass ich mit 88 Jahren ans Aufhören denken muss", sagt sie. Die denkbare Nachfolgerin heißt Roswitha Jäntsch, ist 72 Jahre alt und als "Co" bereits in der Trainingsarbeit engagiert.
Alle hoffen dennoch, dass Bertl Stelzer noch ein paar Jährchen dranhängt. Vereinspräsident Helmut Weigl und Inge Hamersky wissen nur zu gut, was sie an ihrer Übungsleiterin haben. "Bertl ist eine echte Powerfrau, ein wahnsinnig liebenswerter Mensch und für den FTSV eine absolute Bereicherung", sagt Hamersky und fügt lächelnd hinzu: "Wir genehmigen nicht, dass sie in Ruhestand geht." Zu fit, zu wichtig ist sie für den Verein und natürlich für ihre Schützlinge. "Sie ist der Kleber ihrer Seniorengruppe", betont Hamersky. Will sagen: Bertl Stelzer hält den Laden zusammen.
Runde 70 Jahre ist sie Mitglied beim FTSV Straubing, bei der Jahreshauptversammlung am Wochenende wird sie geehrt. Wie lange sie noch Übungsleiterin sein wird, ist offen. Aber eines ist für Bertl Stelzer klar: "Ich bleibe in Bewegung - bis es nimmer geht."